04.06.2020
Im Betonmischer bleiben Betonreste haften. Regelmäßig muss das Anlagenpersonal deshalb den Mischer bei geöffnetem Deckel reinigen oder dafür gar in die Mischanlage einsteigen. Ebenso müssen die Mischer instandgehalten werden, etwa die Mischwerkzeuge eingestellt oder ausgetauscht werden. Immer wieder kommt es bei der Reinigung oder Reparatur zu schweren oder gar tödlichen Unfällen, weil die Anlage unbeabsichtigt in Gang gesetzt wird. "Diese Unfallereignisse hätten durch die Benutzung von persönlichen Schlössern zur Sicherung des Hauptschalters sowie die regelmäßige Prüfung der Funktionsfähigkeit der Schutzeinrichtungen einfach vermieden werden können", sagt Susan Liefold. Die Diplom-Geologin und Aufsichtsperson leitet das Sachgebiet Mineralische Rohstoffe und Baustoff der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI). Dort ist die neue Branchenregel "Herstellung von Frischbeton" erarbeitet worden, die die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) nun veröffentlicht hat. Es handelt sich um den zweiten von insgesamt drei Teilen der Branchenregel für die Betonindustrie. Während sich Teil 1 mit der Herstellung von Betonfertigteilen befasst und der in Kürze erscheinende Teil 3 mit dem Betrieb von Betonpumpen und Fahrmischern, ist Teil 2 für alle Unternehmen in der Branche relevant. "Sowohl Betriebe, die Betonfertigteile herstellen, als auch Betriebe, die Betonpumpen oder Fahrmischer einsetzen, benötigen Frischbeton."
Gesetze und Vorschriften verständlich gemacht
Das Kompendium stellt rechtliche Vorgaben, arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogene Gefährdungen dar und zeigt praxisorientierte Lösungen für guten Arbeitsschutz. Die Lagerung und der Umgang mit den Ausgangsstoffen sind ebenso Thema wie der Betrieb der Mischanlagen oder Fahrmischer.
"Die Herstellung von Frischbeton in den Transportbetonwerken ist ein Just-in-time-Geschäft und fordert den Beschäftigten räumlich und zeitlich flexible Einsatzzeiten ab", sagt Susan Liefold. Erschwerend komme hinzu, dass die Anlagenführer oder -führerinnen zusätzlich mit der Disposition und dem Umgang mit Kunden, Baustellen und Zentraldisposition betraut sind. Diese hohe Arbeitsverdichtung in Kombination mit Personalmangel können zu psychischen Belastungen führen, die neben gesundheitlichen Folgen auch das Unfallrisiko erhöhen. Auch hier gibt es konkrete Vorschläge, welche Maßnahmen die Unternehmen treffen sollten, um für Entlastung zu sorgen. Auf dem Betriebsgelände herrscht vielfältiger innerbetrieblicher Verkehr, so benutzen etwa gewerbliche und private Kunden, Zulieferer wie auch eigene Beschäftigte mit Fahrzeugen dieselben Verkehrsflächen. "Es sind Radlader, Lkw und Fahrmischer unterwegs, und die Betriebsgelände sind nicht immer großräumig und übersichtlich", weiß die Expertin. Ein Verkehrskonzept helfe, Unfälle zu vermeiden. "Die Verkehrswege für den Personen- und Fahrzeugverkehr sollten klar getrennt sein und Einbahnstraßen, Parkflächen, Warte- und Sperrzonen ausgewiesen werden." Weitere Kapitel befassen sich mit den Arbeiten bei der Instandsetzung und den Arbeiten für das Labor.
Die Branchenregel zeichnet sich durch eine verständliche Sprache, klare Beschreibung und zahlreiche Fotos sowie Best-Practice-Beispiele aus. Sie richtet sich vorrangig an Unternehmerinnen, Unternehmer und weitere Führungskräfte, ist aber auch für Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte, den Personal- und Betriebsrat oder Betriebsärztinnen und -ärzte von großem Nutzen. Die DGUV-Regel 113-603 für die Branche Betonindustrie – Teil 2: Herstellung von Frischbeton gibt es in der DGUV-Publikationsdatenbank kostenfrei zum Herunterladen. Sie kann als gedrucktes Exemplar kostenpflichtig bestellt oder von Mitgliedsbetrieben kostenfrei über die zuständige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse bezogen werden.
Umsetzung arbeitsschutzrechtlicher Vorgaben leichtgemacht
Die Branchenregeln der gesetzlichen Unfallversicherung setzen kein eigenes Recht, sondern fassen das bestehende komplexe Arbeitsschutzrecht für die Unternehmen einer bestimmten Branche verständlich zusammen. Sie dienen Verantwortlichen als praxisbezogenes Präventionswerkzeug: Symbole vereinfachen das Auffinden von Informationen, konkrete Beispiele und Bilder veranschaulichen die Handlungsanweisungen. Checklisten, Prüfprotokolle und Hinweise auf weiterführende Dokumente erleichtern die korrekte Umsetzung der arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben.
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